Uli Hobeck im großen RUNDSCHAU-Interview

(lr-online.de) Die Absage des German Meetings ist für die Cottbuser Leichtathletik ein schwerer Schlag. Nach dem Aus für die Traditionsveranstaltung spricht Meeting-Direktor Ulrich Hobeck im RUNDSCHAU-Interview darüber, wie dem Leichtathletik-Club Cottbus (LCC) ein Neustart gelingen kann und welche Sportler er im Blick hat.

Ulrich Hobeck, vor zwei Wochen wurde bekannt, dass es kein Cottbuser German Meeting mehr geben wird. Das war Ihr Lebenswerk:
Ja, und jetzt ist es kaputt. Wir hatten insgesamt 24 Olympiasieger und 52 Weltmeister in Cottbus am Start. Das war Wahnsinn, und jetzt ist das Meeting einfach weg. Ich habe das noch nicht richtig verarbeitet, dieses Aus ist für mich ein wirklich harter Schlag. Auch wenn man es mir vielleicht nicht ganz so anmerkt, daran werde ich lange knabbern.

In der Tat wirken Sie aufgeräumt – wie geht es denn nun weiter mit der Cottbuser Leichtathletik?
Es wird nicht einfach, aber ich habe mir vorgenommen: Ich mache noch mal den Ruck. Ich habe das mit meiner Familie abgestimmt. Ich möchte den LCC mit meinem Präsidenten Vlatko Knesevic, den Trainern und Übungsleitern und den Vorstandsmitgliedern noch ein Stück voranbringen. Zu allererst brauchen wir wieder eine Lichtgestalt, einen Sportler, an dem sich die anderen aufrichten können.

Was genau schwebt Ihnen vor?
Die Turner haben Philipp Boy, der zieht mit seinen Erfolgen alle mit. Und bei den Radsportlern ist es Maximilian Levy, der die Sportart im Bewusstsein der Stadt verankert. Nur mit solchen Athleten hat man heutzutage eine Chance. Wir brauchen Vorbilder, die den Nachwuchs inspirieren. Inzwischen sind wir da beim LCC wieder auf gutem Weg, haben mit Antje Möldner-Schmidt eine Athletin, die eine echte Olympia-Chance hat.

Wer taugt noch zum Vorbild?
Eine Lichtgestalt ist nach wie vor der 400-Meter-Läufer Thomas Schneider, auch wenn er nicht mehr für Cottbus startet. Wenn der in die Halle kommt, gibt das eine positive Stimmung. Kein Hauch von Überheblichkeit, ein guter Mann.

Wollen Sie Thomas Schneider aus Dresden zurückholen?
Die Frage steht tatsächlich im Raum, er wäre ideal. Ich habe mit Thomas darüber gesprochen. Aber sein Trainer Jochen Wiedemann kam mit einigen Gegebenheiten bei uns im Club nicht klar.

Keine Chance für eine Rückkehr?
So würde ich das nicht sagen. Ich finde wirklich gut, was Jochen Wiedemann macht. Das ist beispielgebend, so muss Training aussehen. Aber solche Sportler wie Thomas Schneider zu verpflichten, ist am Ende immer auch eine Geldfrage. Und das wird nicht einfacher werden, wenn Thomas bei den Olympischen Spielen startet.

Aber das Geld, das zuletzt ins Meeting geflossen ist, könnte der LC Cottbus bei den Sponsoren weiter einsammeln und dann für solche Sportler ausgeben, oder?
Keiner von den Sponsoren würde es nur für den Club machen. Die haben es für das Meeting gemacht, ein Stück weit vermutlich auch für mich. Und wenn wir ganz ehrlich sind: Wir müssen jetzt erst einmal um das Springermeeting im kommenden Jahr in der Lausitz-Arena kämpfen. Der Hauptsponsor hat sich nach zehn Jahren neu orientiert. Diese fehlende Summe muss ich jetzt erst einmal kompensieren.

Droht da etwa das Aus für die nächste Traditionsveranstaltung?
Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber ich sage: dieses Meeting wird es hundertprozentig geben. Dafür arbeite ich hart. Ich gehe zu den Firmen, spreche mit den Sponsoren, lasse alle Kontakte spielen.

Das Springermeeting war zuletzt ein Erfolg. Ist das Konzept nicht in den Sommer übertragbar?
Ein Meeting mit Show und Sekt?Darüber haben wir intensiv nachgedacht. Beispielsweise gab es die Überlegungen, die Zuschauertraversen in der Mitte des Stadions zu platzieren. Um da herum einige Disziplinen hautnah auszutragen. Aber das würde an den Kosten für den Aufbau scheitern.

Immer wieder die Kosten, verzweifeln Sie nicht manchmal?
Nein, ich bin Realist. Soll ich Ihnen mal die Summen verraten?

Nur zu! Wir sind gespannt.
US-Sprinter Tyson Gay, der ja auch schon in Cottbus war, aber wegen einer Verletzung nicht gestartet ist, kostet normalerweise 80 000 bis 100 000 Euro. Nur damit er an den Start geht. Weltrekordler Usain Bolt kriegt man für 250 000 Euro – das sind die Preise. Ich hatte mir geschworen: mehr als 15 000 D-Mark zahle ich nicht, danach waren 10 000 Euro die Grenze. Die Höchstsumme hat mal die Speerwurf-Weltmeisterin Trine Hattestad in Cottbus bekommen und der Sprinter Frankie Fredericks. Und eigentlich auch Heike Drechsler, aber das ist eine andere Geschichte.

Die wir natürlich gerne hören.
Heike habe ich nur die Hälfte gezahlt und hatte ziemlichen Ärger. Aber sie hat sich in Cottbus nach drei Sprüngen vor die Kamera gestellt und gesagt, dass sie jetzt aufhören werde, weil sie am Wochenende noch einen Wettkampf hat. Da habe ich gesagt: Dafür bezahle ich nur die Hälfte.

Ihre Kritiker bemängeln, dass Sie viel Geld für solche Sportler ausgegeben haben, statt es dem LCC zukommen zu lassen.
Um es offen zu sagen: Wenn das Meeting bisher nicht gewesen wäre, dann wäre der Club in Schwierigkeiten geraten. Ich habe einmal 20 000 Euro rangeholt, die eigentlich fürs Meeting eingeplant waren. Die habe ich dem Club gegeben, damit wir überleben. So simpel ist die Formel.

Ihre “Athletics Agentur” tritt als Meetingveranstalter auf. Wie groß ist Ihr persönliches Risiko?
Ich bin allein haftend und hatte sogar mal 80 000 Euro Verbindlichkeiten. Das war in den ersten Jahren, als mich zwei Agenturen haben hängen lassen. Das hat fünf Jahre gedauert, bis ich wieder in den schwarzen Zahlen war.

Was bedeutet der Wegfall des Meetings für Sie? Bricht da ein wirtschaftliches Standbein weg?
Ich brauche kein wirtschaftliches Standbein. Ich arbeite immer so, dass ich auf eine schwarze Null komme. Wenn wir irgendwo Gewinn machen, dann geben wir das für unseren Organisationsstab aus. Ohne Mitarbeiter wie beispielsweise Carola Kollosche im Organisationsbüro wäre vieles doch gar nicht möglich.

Was ist überhaupt noch möglich?
Einiges. Wir haben so viele Athleten im Verein, 400 Schüler. Da sind so tolle Sportler darunter. Wir haben Speerwerfer David Golling und 800-Meter-Läufer Michael Schäfer – wunderbare Talente. Und wir haben die Acht-Millionen-Euro-Halle, die Bedingungen sind hervorragend. Daraus müssen wir etwas machen.

Wo steht der LC Cottbus 2016?
Wir müssen dann so weit sein, ganz oben anzuklopfen.

Heißt das konkret: Eine Medaille bei den Spielen in Rio de Janeiro?
Nein, das ist unrealistisch. Ich wäre froh, wenn wir einen Sportler so etablieren könnten, dass er zu den Diamond-League-Meetings eingeladen wird.

Das Interview auf www.lr-online.de zum nachlesen

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